Millionen für Kanonen

 

Inmitten wirtschaftlicher Unsicherheit und unter strengen EU-Budgetvorgaben will die EU-Kommission massive Rüstungsinvestitionen ermöglichen – außerhalb der bisherigen Schuldenregeln. Während bei Bildung, Gesundheit und Infrastruktur weiter gespart wird, fließen Milliarden in die Verteidigung. Mehr Waffen bedeuten nicht automatisch mehr Sicherheit. Welche Interessen stehen dahinter?

 

Die Maastricht-Kriterien

In den Regierungsverhandlungen im letzten Halbjahr war der wohl größte Streitpunkt das Budget. Die sogenannten “Maastricht-Kriterien” geben uns vor, dass wir uns als EU-Mitgliedsstaat jedes Jahr zu höchstens drei Prozent unserer Wirtschaftsleistung neu verschulden dürfen. Gerade in der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg ist das aber brandgefährlich: Ohne die nötigen Investitionen in die Infrastruktur wird die Wirtschaft weiter schrumpfen, womit der Staat erst recht seine Schulden nicht zurückzahlen kann. Genau das ist auch in Griechenland im Zuge der Eurokrise passiert.

Während also für Verkehr, Gesundheit oder Bildung diese extrem strengen Budgetregeln gelten, hat die konservative Kommissionspräsidentin von der Leyen nun vorgeschlagen, einen Bereich davon auszunehmen - nämlich die Rüstungsausgaben. In diesem Bereich sollen in Europa zusätzlich 800 Milliarden Euro investiert werden. 

In Deutschland hat ihre Partei - die Christlich Demokratische Union - im vergangenen Bundestagswahlkampf regelmäßig behauptet, felsenfest hinter der “Schuldenbremse” zu stehen, also kaum neue Schulden aufzunehmen. Nicht einmal eine Woche nach der Wahl hat sie ihre Position um 180 Grad gewendet und schließlich gemeint, dass man für höhere Verteidigungsausgaben sehr wohl neue Schulden aufnehmen müsste. Weil sie dafür aber im neu gewählten Bundestag über die ausreichende Mehrheit nicht mehr verfügen, haben sie kurzerhand den alten, abgewählten Bundestag noch einmal einberufen, um mit Grünen und SPD diese Änderung zu beschließen. Ein demokratiepolitischer Skandal.

 

Die Aufrüstung geht weiter

Als Anlass für diese Aufrüstung wird der russische Angriffskrieg in der Ukraine genannt. Ein offensichtlich vorgeschobener Grund. Das Militärbudget Russlands beträgt für das aktuelle Jahr 109 Milliarden US-Dollar; die Militärbudgets aller EU-Staaten zusammen fast genau das dreifache, nämlich 326 Milliarden US-Dollar. Mit den USA kommen die Mitgliedsstaaten der NATO, also des westlichen Militärbündnisses, zusammen mit 1,3 Billionen US-Dollar sogar auf mehr als das Zehnfache. Zu sagen, dass höhere Rüstungsausgaben uns vor einem Angriff Russlands schützen könnten, ist also absurd. Warum sollte ein Land bei einem zwölffach höheren Budget noch in ein Land einmarschieren, aber vom dreizehnfachen Budget plötzlich abgeschreckt sein?

Es geht also um etwas anderes. Das zeigt auch die deutsche Rüstungsfirma “Rheinmetall”, deren Börsenwert sich seit Beginn des Ukraine-Krieges mehr als verzehnfacht hat. Während tausende Menschen in der Ukraine sterben und Millionen flüchten müssen, scheffeln einige Börsenspekulanten Milliarden.

 

Frieden schaffen ohne Waffen

Anhand des Ukraine-Krieges ist offen zutage getreten, welche Interessen hier eigentlich vertreten werden. Der US-amerikanische Präsident hat sehr direkt erklärt, die militärische Unterstützung für die Ukraine nur aufrechtzuerhalten, wenn die USA im Gegenzug Zugang zu Rohstoffen in der Ukraine erhält. Die Europäische Union war inzwischen mehr damit beschäftigt, dafür zu kämpfen, selber bei den Friedensverhandlungen am Tisch sitzen zu dürfen, als gute Bedingungen für die Ukraine heraus zu verhandeln. Und die imperialistischen Bestrebungen Russlands sind ohnehin seit dem Beginn des Krieges vor drei Jahren offensichtlich.

Den Frieden erkämpfen wir nicht, indem wir noch mehr Geld für Krieg ausgeben. Den Frieden erkämpfen wir mit einem Rückkehr der Diplomatie und indem wir uns für eine Gesellschaft einsetzen, in der nicht Kriegstreiber und ihre Rüstungsfirmen, sondern das Leben aller Menschen im Mittelpunkt steht.

 

Text: Fabian Zickler